
Alice im Wunderland – Lewis Carroll
Alice im Wunderland. Es ist ein schöner Sommertag, die kleine Alice sitzt gemeinsam mit ihrer Schwester am Bachufer eines Sees und langweilt sich. Als ein weißes Kaninchen mit Weste und Uhrkette vorbeiläuft, folgt sie ihm kurzerhand – hinab in einen tiefen Bau und hinein ins Wunderland, in dem ihr nicht nur die seltsamsten Gestalten begegnen, sondern auch allerhand wunderliche Abenteuer auf sie warten.

Bücher ohne Bilder?
Lewis Carroll schrieb sein weltberühmtes Kinderbuch ursprünglich für die Tochter einer befreundeten Familie – Alice. Da er an Malerei und Fotografie interessiert war, illustrierte er die erste handgeschriebene Ausgabe zudem selbst. Dass sich in jeder Ausgabe von Alice im Wunderland Bilder wiederfinden, ist gewiss nicht rein zufällig. Schließlich stellt sich Alice schon direkt zu Beginn des Buches die Frage, welchen Zweck Bücher ohne Bilder erfüllen.
Ein Wegweiser der Popkultur
Das 1865 veröffentlichte Werk legte einen Grundstein für das Genre des literarischen Surrealismus. Bis heute wird es aufgrund seines einzigartigen Schreibstils und seiner exzeptionellen Figuren immer wieder zitiert und als Inspirationsquelle herangezogen. Figuren wie die Grinsekatze oder der verrückte Hutmacher haben ihren festen Platz in der Popkultur gefunden.
Alice im Wunderland und der Nachfolger Hinter den Spiegeln zählen zu den Klassikern der Weltliteratur und fallen dabei gerne aus dem Rahmen.
Gerne anders
Herrlich schräg, lebhaft, verwirrend und immer wieder überraschend begleitet die Geschichte Alice auf ihrem Weg durch das wunderliche Wunderland. Dabei werden jedoch auch ernste Töne angeschlagen. Fast fortlaufend wird das unbeschwerte Kinderleben das dem zwanghafteren und grausameren der Erwachsenen gegenübergestellt.
Dies zeigt sich am eindrucksvollsten in den vielen Szenen, in denen Alice von Bewohnern des Wunderlands kritisiert wird und Alice daraufhin in kindlicher Unbedarftheit antwortet. Oder in den Momenten, in denen die rigorose Königin jedem, der ihren Vorstellungen nicht nachkommt, droht, ihn köpfen zu lassen. Oder in der, in welcher der Hutmacher erzählt, dass er auf einer endlosen Teeparty gefangen ist, da es laut seiner kaputten Uhr immer 5 Uhr ist.
Außergewöhnliche Gesellschaftskritik
Insofern kann Lewis Carrolls Roman nicht nur als außergewöhnliche Fantasiegeschichte, sondern auch als Gesellschaftskritik betrachtet werden.
Alice im Wunderland ist wie ein Traum, manchmal sogar wie ein Alptraum. Chaotisch, meist nicht sinnvoll und macht sich somit frei von jeglichen Konventionen.
Es ist ein Buch, welches ich immer wieder lesen könnte und zählt zu meinen absoluten Lieblingsbüchern. Ich mag seine merkwürdige Erzählstruktur, die bizarren Antihelden und unterschwelligen Botschaften. Und ich liebe die Möglichkeit, mich in ein Wunderland zu träumen, welches der damaligen und heutigen Realität gar nicht mal so unähnlich ist.
Vielleicht sieht man eher seltener in Baumwipfeln ein Grinsen ohne Katze. Auch ist unsereins vermutlich viel zu selten zu einer solch quirligen Teeparty wie die des verrückten Hutmachers und des Schnapphasen eingeladen. Und wahrscheinlich nehmen wir viel zu selten an einem Proporz- Wettlauf teil. Doch sind wir mal ehrlich: sind wir nicht alle irgendwie verrückt?
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