Bücher,  Klassiker

Kloster Northanger – Jane Austen

Kloster Northanger. Die 17-jährige Catherine entspricht keiner Idealvorstellung – weder der einer Romanheldin noch der einer jungen Dame Anfang des 19. Jahrhunderts. Erst spät, mit 15 Jahren, begann sie, auf ihr Äußeres zu achten und nun, mittlerweile 17 Jahre alt, soll auch ihre unvermeidliche Einführung in die Gesellschaft erfolgen. Ein befreundetes Ehepaar der Familie, Mr. und Mrs. Allen, lädt sie zu einem sechswöchigen Aufenthalt in Bath ein. In der vornehmen Kurstadt lernt Catherine nicht nur Menschen unterschiedlicher Art kennen, sondern auch eine Menge über sich selbst.

Kloster Northanger ist das erste Buch, welches Jane Austen zur Veröffentlichung freigab. Dennoch lag es knapp 15 Jahre bei einem Verleger, bis es 1818 nach dem Tod der Autorin erschien.

Reclamausgabe
Großartige Parodie

In Kloster Northanger parodiert Jane Austen die Schauerliteratur, die Ende des 18. Jahrhunderts äußerst populär war (vielfach erwähnt wird Udolphos Geheimnisse von Ann Radcliffe).

Catherine selbst ist begeisterte Leserin ebenjener Gothic-Romane und neigt auch zu ähnlich schaurig-romantischen Gedankengänge, die diese Bücher in sich tragen. Nicht nur sie, auch den Leser, lässt Jane Austen in fantasievolle Gedankenfallen tappen. So entpuppt sich ein des Nachts bedrohlich erscheinendes vermeintliches Beweisstück grauenvoller Taten am nächsten Morgen als recht harmlos. 

Hier zeigt sich wieder einmal die hervorragende Beobachtungsgabe Jane Austens, die ihre Leser und ihre Erwartungen genau richtig einschätzt.

Lohnen sich Romane?

Auch die damalige Lesekultur – Romane waren verpönt und wurden überhaupt nur von Frauen gelesen – wird in verschiedenen Gesprächen aufgegriffen. Im Laufe des Buches fällt daher ein Satz, der mir unheimlich gut gefällt:

„Ein Leser, ganz gleich, ob männlich oder weiblich, der an guten Romanen kein Vergnügen hat, muss unerträglich dumm sein“.

Charakterstudien à la Jane Austen

Da ein Jane-Austen-Buch kein Jane-Austen-Buch wäre, würde sich dort nicht auch eine wunderbare Persiflage der Gesellschaft und ihrer Konventionen vorfinden, gibt es auch hier reichlich Charakter- und Verhaltensstudien. 

Als herrlich überzeichnete Persönlichkeiten begegnen wir unter anderem den exaltierten Geschwistern Thorpe, denen als Kontrast die vernunftbegabteren Tilney-Geschwister gegenüberstehen – zumindest die beiden jüngeren -, die überkandidelte Mrs. Allen und den aufopferungsvoll verliebten Bruder Catherines.

Mein Favorit

Obwohl Kloster Northanger im Vergleich zu Stolz und Vorteil und Emma ein eher „weniger bekanntes“ Werk von Jane Austen ist, ist es mein absoluter Liebling.

Zum einen gefällt mir der immer wieder unvergleichliche Humor der Autorin. Da Jane Austen mit diesem Buch zu mehr Realitätssinn in der gänsehautkitschigen Literaturwelt ihrer Zeit aufrufen wollte, ist auch die Erzählperspektive großartig ironisch gezeichnet. Immer wieder greift der auktoriale Erzähler mit Ironie und Witz ein. 

Die Charaktere sind, wie bereits erwähnt, außerordentlich unterhaltsam, egal, ob es die fantasiebegabte naive Hauptfigur Catherine oder Isabella, die Meisterin der Superlative, ist. Sie und ihre Entwicklungen zu beobachten, macht beim Lesen großen Spaß.

Trotz der klassischen Liebesgeschichte ist das Buch frei von jedem Kitsch und da ich selbst ein kleiner Fan von allem Unheimlichen (und ja, auch gruseliger Literatur 😃) bin, gefallen mir auch die etwas „schaurigen“ Parte des Buches gut. Catherine und ich hätten bei einem Spaziergang durch die Brunnenhalle bestimmt unsere Gesprächsthemen 😄

Ich empfehle Kloster Northanger allen, die mal „ein anderes“ Buch von Jane Austen lesen möchten, allen, die sich selbst vielleicht gerne erschrecken lassen und allen, die, bei allem Realitätssinn, gerne in die bunten Welten der Bücher eintauchen.

Und genau das ist doch das Wunderbare an Literatur: Sie bietet Raum für alle Träume 😊


 

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