
Gendern? Ich hoffe, ihr könnt mir pardonieren!
Nach meiner kleinen Pause möchte ich meinen Blog endlich wieder weiterführen und freue mich auch riesig darauf 😊
Da mir seit einigen Monaten ein Thema immer mal wieder im Kopf herumspukt und ich mich schon das ein oder andere Mal gefragt habe (und gefragt wurde), wie ich damit auf Sonnenbücher umgehen soll, dachte ich mir, dass ich damit einfach anfange 😃
Es geht um das seit einiger Zeit sehr populäre Thema Gendern und Politik im Allgemeinen. Ich möchte mich auch gerne kurz halten, denn besonders zu Ersterem gibt es zuhauf Berichte, Beiträge, Videos, Podcasts, Bücher etc.
Toleranz? Ja, bitte!
Gendern ist, im wahrsten Sinne des Wortes, in aller Munde. Und grundsätzlich bin ich offen für Sichtbarkeit jeglicher Art, für das Aufmerksam machen auf jede Form von Diskriminierung und besonders für ein friedliches Miteinander. Und als Mitglied der LGBT*-Gemeinschaft kann ich Toleranz und Aufklärung nur begrüßen.
Als vor einigen Jahren das Thema Gendern vermehrt aufkam und sich das Sternchen (später Doppelpunkt und Unterstrich) immer mehr durchsetzte, fand ich das ganz gut. So habe ich die ersten meiner Texte für das Onlinemagazin Booknerds gegendert, weil ich mich, wie viele andere auch, für eine offene Gesellschaft einsetzen wollte.
Mittlerweile denke ich anders darüber, weshalb ich meine Texte, sowohl auf Booknerds als auch auf Sonnenbücher, nicht mehr gendere. Warum, das möchte ich gerne kurz erklären und auch, warum ich meinen Blog gerne politisch neutral halten möchte.
Deutsche Sprache, schöne Sprache
Wer mich kennt, weiß, dass Deutsch von der ersten Klasse an mein bestes und liebstes Fach war. Ich habe sehr früh lesen können, ich habe sehr früh angefangen, eigene Geschichten zu schreiben und überhaupt habe ich mich immer gerne mit der deutschen Sprache auseinandergesetzt. Ich finde Deutsch zwar eine sehr anspruchsvolle, aber auch wunderschöne Sprache, die großartige Schriftsteller und Werke hervorgebracht hat.
Schade finde ich hingegen, dass sie im Laufe der letzten Jahre immer größere Veränderungen durchlaufen musste. Damit meine ich nicht „natürliche“ Veränderungen, die durch den Wandel der Zeit gegeben sind. Es ist logisch, dass wir im Jahr 2023 nicht mehr wie im Jahr 1723 sprechen. Das Leben, die Gesellschaft, die Wirtschaft, die Politik, die Infrastruktur etc. ändern sich und somit auch die Sprache.
Excuse me, this is grillenhaft!
Kaum einer spricht noch von „Fernsprechanschlüssen“, dafür telefonieren zu viele Menschen übers Handy. Treffen wir auf eine Person, die äußerst exzentrisch und wunderlich ist, ist „grillenhaft“ wohl das Letzte, was uns einfallen würde, um diesen Menschen zu beschreiben. Und wohl kaum könnte jemand heutzutage um „Schuhwichse“ bitten, ohne Heiterkeitsausbrüche zu ernten, die jeder Schulklasse und jedem Stammtisch zur Ehre gereichen könnten.
Von solchen Veränderungen spreche ich nicht, auch wenn es mir um ausgestorbene Wörter wie „Nebelbild“ und „pardonieren“ sehr leid tut.
Bedauerlich finde ich eher Veränderungen wie die immer häufigere Verwendung von englischen Wörtern, Redewendungen und 1-zu-1-Übersetzungen aus dem englischen, der zeitgleichen Reduzierung, Vereinfachung und Zerstückelung der eigenen Sprache. Veränderung tut Sprache gut, sie sollte aber auf „natürlichem“ Wege erfolgen und durchaus noch Sinn ergeben.
Warum ich nicht mehr gendere.
Durch die Gendersprache sehe ich dies jedoch leider nicht mehr gegeben. Sicher, sie macht auf geschlechtliche Vielfalt aufmerksam und bringt Menschen das Thema näher.
Sie legt den Fokus jedoch auch sehr auf das Geschlecht, überbetont es und tritt auch in Fällen in den Vordergrund, in denen es gar nicht um das Geschlecht geht oder in denen es fehl am Platz ist. Ob sie tatsächlich für mehr Toleranz und Gleichberechtigung sorgt, wage ich mittlerweile ebenfalls zu bezweifeln. Eher sehe ich die Gefahr, dass sie das Gegenteil erreicht.
Zudem ist sie grammatikalisch nicht immer korrekt, was schon oft herangezogene Beispiele wie „Ärzt*innen“ und „Kund*innen“ zeigen. „Ärzt“ und „Kund“ sind keine Wörter, die für sich selbst stehen können, existieren eigentlich gar nicht wirklich (außer man spricht von „kund“ und meint damit „bekannt“) und ergeben bei näherer Betrachtung keinen Sinn.
Ähnlich ist es bei „Mitglieder*innen“. Mitglied ist ein sächliches Wort, ohne Personenbezeichnung, was, ganz platt gesagt, allein schon am Artikel zu erkennen ist: das Mitglied. Eine gegenderte Variante ist deshalb eigentlich überflüssig.
Die Verwendung des Partizips hielt ich zunächst für eine gute Alternative (Studierende, Lernende, Medienschaffende). Jedoch ist auch dies aus Sicht der Grammatik nicht ideal, da die Bedeutung des Partizips die Gleichzeitigkeit ist, sprich einen aktuellen Zustand beschreibt. Wer gerade in diesem Moment studiert, ist ein Studierender. Da man aber nicht permanent, rund um die Uhr, studiert, ist die Bezeichnung „der Studierende“ anstelle von „der Student“ nicht korrekt. (Natürlich ist das jetzt schon sehr genau und wem eine gerechte Sprache wichtig, muss selbstverständlich nicht auf die genaue und perfekte grammatikalische Form achten. Als kleine Grammatikliebhaberin wollte ich diesen Aspekt trotzdem nicht aus den Augen lassen. 😊)
Ein weiterer Grund und für mich der ausschlaggebende ist jedoch die Lesbarkeit und die Probleme, die dadurch entstehen. Sternchen, Unterstrich und Doppelpunkt erschweren das flüssige Lesen und irritieren teilweise. Für Menschen, die Deutsch als Zweit- oder Fremdsprache lernen, Menschen mit Seh- und Lernbehinderung o.ä. sind gegenderte Texte schwer zu lesen. Da es mir aus persönlichen Gründen besonders wichtig ist, in Rücksicht darauf meine Texte nicht unnötig zu erschweren, werde ich in diesen künftig auf das Gendern verzichten.

Und Politik?
Ähnlich werde ich es mit politischen Themen handhaben. Politik ist mir wichtig und ich denke, meine grundsätzliche Einstellung sollte sich hier ausreichend hervorgetan haben. Leider haben sich meiner Meinung nach in den letzten Jahren auch politische Themen sehr erhitzt. Ein offener Diskurs scheint immer weniger möglich zu sein und aus allen politischen Lagern wird oftmals über das Ziel hinausgeschossen. Auf Sonnenbücher soll es ausschließlich um Bücher gehen und eine „entspanntere“ Atmosphäre herrschen. Aus diesem Grund werde ich keine politischen Einordnungen vornehmen, es sei denn, das Buch, welches ich gerade rezensiere, bietet dazu Anlass.
So, das waren ein paar Gedanken und Hintergründe zu meiner zukünftigen Vorgehensweise. 😊 Ich hoffe, ich konnte meine Beweggründe einigermaßen verständlich erklären und ich hoffe auch, ihr könnt mir pardonieren, wenn ich euch arg gelangweilt habe 😉
Viel Spaß auch weiterhin auf Sonnenbücher 😊
Übrigens: Ein häufig angeführtes Argument ist, dass das generische Maskulinum Frauen per se ausschließe. Dies ist ein sehr komplexes Thema, auf das ich in meinem Artikel bewusst nicht eingegangen bin (eben wegen seiner Komplexität und weil ich nun mal keine Sprachwissenschaftlerin bin). Wer mehr dazu lesen möchte, dem empfehle ich Artikel der Berliner Zeitung und vom Tagesspiegel.
Das Buch: Das schlechtestverkaufte Buch der Welt


5 Kommentare
Monika
Liebe Anna,
ich kann deine Gedanken zum Thema Gendern gut nachempfinden.
Ich bin auch der Meinung, dass gelebte Gleichberechtigung und Toleranz sicherlich nicht an Sternchen oder Unterstrichen festgemacht werden sollte. Da gibt es durchaus bessere Möglichkeiten. Dass du beides authentisch lebst, weiß jeder, der dich kennt.
Ich freue mich auf ein entspanntes Lesen ohne * 😊
Ganz liebe Grüße und dir weiterhin viel Freude beim engagierten Schreiben.
Sonnenbücher
Hallo und danke für deine liebe Nachricht! Ich freue mich, dass du meine Sichtweise verstehen kannst und auch weiterhin gerne meinen Blog liest 😊
Ganz liebe Grüße zurück 😊
Win
Aber natürlich pardoniere ich Dir 😉👍🤗. Tolles und nachvollziehbares Statement. 👏👍 Wieder sehr konsequent und auch mutig. Bleibe weiter Du selbst und lasse Dich weiterhin nicht vom Mainstream Strudel mitreißen. Das macht Dich als Person und als Autorin/Bloggerin echt. Deine Sonnenbücher Seiten sind tatsächlich immer sehr entspannent 🍀☀️📚👍🤗🙋♂️ Liebe Grüße Winfried
Sonnenbücher
Hallo und vielen Dank, dass du mir pardonierst 😉
Ich freue mich, dass dir mein Blog so viel Freude bereitet und wünsche dir diese auch weiterhin 😊
Ganz liebe Grüße 😊
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